Kleine Wirtschaftsgeschichte der Welt

Ein satirisches Plädoyer für das Produkt
 
Am Anfang war das
Produkt.
Und es war gut.
„Made in Germany“

Seit jeher stand es im Mittelpunkt und beherrschte Handel & Wirtschaft. Bis weit ins letzte Jahrhundert hinein wurde in Produkten gedacht. Als diese nicht mehr ausreichten und der Hunger nach mehr die Wirtschaft trieb, folgten die
Programme.
Das waren Erweiterungen der Produkte, zusätzliche Produkte. Aber immer noch beherrschte
das Produkt das Denken. Später folgten die
Systeme.
Zusätzliche Erweiterungen der Programme, die zwar über die Kernkompetenzen hinaus reichten, aber noch mehr Umsatz und Gewinn versprachen. Danach kamen die
Lösungen.
Für irgendwelche realen oder erdachten Probleme. Näher am und beim Kunden. Zum Absetzen gegenüber der Konkurrenz.

Schließlich die
Konzepte.
Begann man/frau sich mit den Lösungen schon vom Produkt zu lösen, so wurde jetzt die Scheidung vollzogen. Eine erste große Welle von fertigen Betriebswirtschaftlern mit überbordenden Marketingkonzepten schwappte in die Betriebe. Theorie traf auf Praxis und wartete darauf, sich in der Realität zu beweisen. Mit reihenweisen Fehlstarts und -zündungen. Das einfache und unkomplizierte kleine 1×1 des Kaufmanns von nebenan war nun nicht mehr gefragt. Der gute alte Kaufmann hatte ausgedient und wurde in den Vorruhestand geschickt. Ab da wurde alles erst so richtig teuer. Denn man/frau begann mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Führte das schon zu allerhand Missständen in der Wirtschaft und Verwerfungen, so war die Verwirrung aber noch nicht komplett.

WEB 2.0 war zwar schnell in aller Munde, aber auch genauso schnell wieder verschwunden. Der erste Start der neuen Generation der Wirtschaftsinformatiker war eher ein Fehlstart. Die Welt war noch nicht reif für die virtuelle Realität. Die Produkte dafür allerdings auch nicht. Aber das stört die Informatiker gar nicht. Denn was macht ein Informatiker, wenn ein Programm nicht richtig läuft? Richtig: Er macht ein Update. Oder gar ein Upgrade. Und so lautet das Zauberwort von heute: Industrie 4.0. Was war eigentlich dazwischen? Zwischen WEB 2.0 und Industrie 4.0?

Dennoch konnten die Wirtschaftsinformatiker seinerzeit schnell Fuß fassen in den Betrieben. Einer ihrer Vorteile. Sie denken in
Prozessen.
„Prozesse“ ist ein gutes Stichwort. Denn darum geht’s letztlich: Prozesse führen. Damit hatten die Unternehmen inzwischen alle Hände voll zu tun. Jeder gegen Jeden. Kunde gegen Lieferant. Lieferant gegen Hersteller. In allen nur denkbaren Konstellationen. Das führte nebenbei bemerkt auch zu einem enormen Bedarf an Juristen in der Wirtschaft. Und weil in den Prozessen immer irgendetwas nicht (mehr) richtig lief oder läuft, wie versprochen, musste und muss der Schuldige gesucht und ausgemacht werden. Was wäre dazu geeigneter als Prozesse? Alles auf Prozesse aufgleisen. Alles muss in irgendwelchen Bahnen ablaufen und ordnet sich irgendwelchen Prozessen unter. Wie im Computer. Das richtige Leben. Würde Kafka heute noch leben, er hätte seine wahre Freude daran.

Alles denkt nur noch und soll nur noch in Prozessen (er)folgen. Im Grunde genommen nur eine Absicherung. Wogegen? Genau:
Prozesse!
+ Urteile (was in USA auch schon mal das Todesurteil für so manchen Globalplayer bedeuten kann).

Dabei hat man/frau „des Pudels Kern“ völlig aus den Augen verloren. Oder Sinn. Oder beides. Je nachdem. Das Produkt selbst ist zur Nebensache geworden. Die Verpackung und das Drumherum teurer und aufwändiger als das eigentliche Produkt. Die Beigabe, die angeblich gratis ist. Die pompöse Verpackung, die Geschmacksache ist. Zwar recyclingfähig, aber ohne jeglichen Produktnutzen. Und landet dann sofort in der thermischen Verwertung.

Irgendwann hat der Pudel keinen Kern mehr. Mittlerweile wedelt der Schwanz mit dem ganzen Hund. Und nicht mehr umgekehrt. Bleibt nur noch darauf zu warten, wann die erste Verpackung ohne Produkt über die Ladentheke geht. Oder der erste wedelnde Schwanz ohne Hund geklont wird.
UB
 
 

Wieder entdeckt:

Der alte Schäferhund und die leckere Gänseschar

Eine schmackhafte Kurzgeschichte

Geschrieben vor über zwanzig Jahren.

Für meine Tochter.

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Sündenfall

 

…Eva reichte mir einen Apfel.
Ich zögerte.
Warum konnte es nicht eine Birne sein?
Ein Apfel.
Warum keine Pflaume, Kirsche oder gar eine Nuss?
Meinetwegen auch eine Orange, ein Pfirsich oder eine Kiwi.
Warum ausgerechnet ein Apfel?
Selbst eine Erdbeere wäre unbedenklicher gewesen.
Aber ein Apfel?!
UB

 

Mein nächtliches Erlebnis mit einem Skarabäus

oder Wann begegnet man schon mal einem Skarabäus

 

Ich habe heute Nacht einen Skarabäus gesehen.

 

Zuerst war er klein.
In etwa so groß wie eine Hummel.
Die Frau…
Welche Frau?
Welche Frau?
Keine Ahnung welche Frau.
Eine Frau.
Ist sie hübsch?
Jung?
Knackig?
Keine Ahnung.
Ich weiß nicht, ob sie knackig, hübsch und jung ist.
Ich glaube aber nicht, dass sie jung ist.
Eher reiferen Alters.
Mondän.
Die Frau will den Skarabäus mit auf ihr Zimmer nehmen, um ihn zu verspeisen.
Das sei eine Delikatesse.

 

Jetzt ist der Skarabäus so groß wie ein Dino-Ei.
Im Kopfbereich in Gold gefasst.
Der übrige Körper, fein ziseliert als Skarabäus, ist aus Schokolade.
Großteils eingehüllt in brauner Folie, bis auf einen Bereich, der geöffnet ist
und zurückgestreift.
Wie zum Reinbeißen.
So sitzt er zwischen den letzten beiden Sprossen einer liegenden weißen Leiter.
In etwa auf Augenhöhe.
Was ist darunter?
Was darunter ist?
Keine Ahnung, was darunter ist.
Irgendetwas ist darunter. Jedenfalls schwebt die Leiter nicht im Raum.

 

Einer…
Wer?
Wer?
Keine Ahnung, irgendwer.
Irgendeiner, jedenfalls ist es ein Mann in weißer Livree,
vielleicht ihr Diener,
bereitet das Frühstücksmenü vor,
das er ihr servieren wird.

 

Das Frühstücksmenü?
Woher willst du wissen, dass es das Frühstücksmenü ist?
Keine Ahnung wieso.
Ich weiß nicht, ob es das Frühstück, Mittag- oder Abendessen ist.
Der Skarabäus in der Leiter erinnert mich irgendwie an ein übergroßes Frühstücksei,
das der Mann servieren wird.

 

Ein Tablett reicht nicht aus.
Er wird mehrmals laufen müssen.
Ich helfe ihm.
Nehme ebenfalls ein Tablett.
Das Tablett ist weiß.
Was ist darauf?
Was darauf ist?
Keine Ahnung, was drauf ist.
Irgendetwas ist darauf.
Und ich laufe ihm mit dem Tablett hinterher.

 

Ich eile ein paar weiße Marmorstufen hinauf.
Wie viele?
Wie viele?
Keine Ahnung wie viele.
Jedenfalls nicht viele.
Vielleicht zwei oder drei.

 

Und dann über einen weißen Marmorboden.
Ist es ein Gang?
Ein Flur?
Ein Gang – ein Flur?
Keine Ahnung, ob Gang, ob Flur.
Jedenfalls ist es ein breiter weißer Marmorboden.
Wie breit?
Wie breit?
Keine Ahnung wie breit.
Ob zwei oder drei Meter breit – ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, dass der Marmorboden so breit ist wie die weiße Marmortreppe.

 

Wir schreiten schnell voran.
Wohin?
Wohin?
Keine Ahnung wohin.
Irgend wo hin.
Ich nehme an, zu der Frau,
die den Skarabäus verspeisen möchte.

 

Und dann?
Und dann?
Keine Ahnung, was dann…
Mit einem Mal ist alles aus.
Schwarz.
Dunkel.
Zu Ende.
End.
Fin.
UB